100 Jahre Revolutionsstadt Kiel – das revolutionäre Gedenkwochenende

Terminübersicht

Donnerstag, 1.11.2018:

10 Uhr: Gedenkaktion „100 Jahre Novemberrevolution – Gedenken an Gedenken an alle Deserteure, Saboteure und Befehlsverweigerer“, Marine-Ehrenmal, Laboe

Freitag, 2.11.2018:

18.30 Uhr: Antifaschistische Aktion „Sozialismus oder Barbarei – Antifa-Widerstand gegen AfD-Provokation!“, Landeshaus (Düsternbrooker Weg 70), Kiel

19.30 Uhr: „Revolution in Deutschland 1918-23“ mit Daniel Kulla, Christian-Albrechts-Universität (CAP3 Hörsaal 2), Kiel

Samstag, 3.11.2018:

13.30 Uhr: Vorabdemo „Für den Erhalt und das Wiederherstellen von „Revolution und Krieg“, Iltisbunker, Kiel – Gaarden

14.30 Uhr: Bündnisdemo „Für den Traum der „Roten Matrosen“ – für eine Welt ohne Krieg, Militär, Ausbeutung und Ausgrenzung!“, Platz der Matrosen, Kiel

18 Uhr: Revolutionäre Demo „Revolution Next Level. Gegen Krieg, Rechtsruck, Abschottung und Prekarisierung! Kapitalismus abschaffen – Aufstehen für den Kommunismus!“, Platz der Roten Matrosen, Kiel

Anschließend: Revolutionäres Nachglühen, Subrosa (Elisabethstr. 25), Kiel – Gaarden

Sonntag, 4.11.2018:

9.30 Uhr: Gedenken an die ermordeten Matrosen und Arbeiter der Revolution 1918, Friedhof Eichhof, Kiel

Das ganze Jahr 2018 schon steht Kiel im Zeichen des Erinnerns an den revolutionären Matrosen- und Arbeiter*innenaufstand vor 100 Jahren. Nachdem diverse politische und kulturelle Spektren sich in den letzten Monaten so intensiv wie nie zuvor mit unzähligen, größtenteils gut besuchten Veranstaltungen und Aktivitäten mit diesem bedeutendsten historischen Ereignis der Stadtgeschichte auseinandergesetzt und es zum Thema der öffentlichen Debatte gemacht haben, steht dieses Wochenende der Höhepunkt des Revolutionsgedenkens bevor. Auch linksradikale Gruppen beteiligen sich im Rahmen der Kampagne Revolutionsstadt Kiel seit Monaten mit eigenständigen Initiativen an der Auseinandersetzung um die Deutung, Einordnung und politische Konsequenz aus dem Roten November 1918. Zentral ist dabei die Betonung der dringenden Aktualität des Strebens nach Überwindung bürgerlich-kapitalistischer Verhältnisse und revolutionärer Organisierung, eine Abgrenzung zur Eingliederung der Revolte in den Nationalmythos der BRD durch die städtische und sozialdemokratische Kampagne, die Benennung der Konterrevolution von rechter Sozialdemokratie und nationalistischen Kräften und die Bewusst- und Sichtbarmachung der eigenen revolutionären Geschichte als Inspiration für Kämpfe der Gegenwart. Dies sind auch die Eckpfeiler der laufenden Mobilisierung zur Revolutionären Demonstration am Samstag, 3. November 2018, die um 18 Uhr auf dem Platz der Roten Matrosen (HBF) beginnen wird.

Die Mobilisierung auf der Straße

An vielen Orten Kiels finden sich mittlerweile Sticker, Plakate oder Sprühereien, die zu einer Beteiligung an der Kampagne und der Demonstration mobilisieren. Einem bereits am 6. September 2018 auf der Seite „Chronik“ veröffentlichtem Schreiben zu Folge, fand zudem ein Farbangriff auf einen Gedenkstein für den Freikorpsbegründer Wilfried von Loewenfeld statt. Das kurze Statement lässt insbesondere kein gutes Haar an der deutschen Sozialdemokratie: „doch schon umittelbar nach der revolution paktierte die spd mit rechten mordkommandos um die revolution zu sabotieren und sich selbst die macht zu sichern.“

Der Fahrplan der Revolutionären Gedenkwochenendes

Das lange Aktionswochenende um den 3. November 2018 – dem Tag, an dem vor exakt 100 Jahren aus einer Meuterei von Matrosen gegen den Krieg ein bewaffneter Massenaufstand wurde, der sich zur Novemberrevolution ausweitete – beginnt für die Akteure der Revolutionsstadt-Mobilisierung bereits am Donnerstag: An diesem Tag wird im Marine-Ehrenmal Laboe um 10 Uhr eine antimilitaristische Kranzniederlegung in Gedenken an alle Deserteure, Saboteure und Kriegsdienstverweigerer der deutschen Geschichte stattfinden. In Vergangenheit stießen ähnliche Aktionen wiederholt auf wenig Zuspruch beim Deutschen Marinebund, der das Wahrzeichen des deutschen Militarismus verwaltet.

Der Freitag wird aus gegebenen Anlass dem antifaschistischen Charakter des revolutionären Gedenkens auch auf der Straße Nachdruck verleihen: Die Landtagsfraktion der proto-faschistischen AfD will mit einer Gegenveranstaltung provozieren und hat den neu-rechten Vordenker Karlheinz Weißmann zum Thema „Chaos oder Neubeginn – Der Kieler Matrosenaufstand“ ins Landeshaus geladen. Die Verbreitung der geschichtsrevisionistischen Dolchstoßlegende, die Verunglimpfung der mutigen Matrosen und Arbeiter*innen, die gegen den Krieg aufbegehrten und ganz allgemein jede Raumnahme durch NationalchauvinistInnen insbesondere an diesem Wochenende kann nicht unwidersprochen hingenommen werden. Die Provokation gilt es daher angemessen zu beantworten. Antifaschistische Gruppen rufen deshalb zu Gegenaktionen pünktlich (!) um 18.30 Uhr am Landeshaus auf. Anschließend findet an der nahegelegenen Uni die Veranstaltung „Revolution in Deutschland 1918 – 23“ mit Daniel Kulla.

Am Samstag finden insgesamt drei Demonstrationen statt, die sich dem Gedenken an 1918 widmen. Den Auftakt macht bereits um 13.30 Uhr die Initiative zum Erhalt des Fassadengemäldes „Revolution und Krieg“ am Iltisbunker Kiel-Gaarden. Diese kämpft seit Monaten gegen die Pläne der Stadt Kiel, das eindrucksvolle Kunstwerk, das u.a. die Kommunist*innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie die Roten Matrosen von Kiel zeigt, durch einen entpolitisierten Entwurf zu übermalen, anstatt eines der wenigen sichtbaren Mahnmäler der Revolution in Kiel zu restaurieren. Die Demonstration beginnt um 13.30 Uhr mit einer Kundgebung direkt am Bunker im Stadtteil Gaarden und wird um 14.30 Uhr in die Bündnisdemo am Platz der Matrosen aufgehen.

Die nachmittägliche Bündnisdemo unter dem Motto „Für den Traum der „Roten Matrosen“ – für eine Welt ohne Krieg, Militär, Ausbeutung und Ausgrenzung!“ wird maßgeblich getragen von Friedensbewegung, linken Parteien und Organisationen sowie dem DGB. Der Aufruf des AK Novemberrevolution hat eine klare antimilitaristische Stoßrichtung, benennt den unvollendeten Charakter der Novemberrevolution und leitet daraus politische Herausforderungen für die Gegenwart ab. Linke Akteure werden auch auf dieser Demonstration prägend präsent sein, weshalb inhaltlich zunächst nichts gegen eine Teilnahme auch an dieser Veranstaltung einzuwenden ist. Jedoch wird ein klarer Trennstrich zur städtischen bzw. sozialdemokratischen Kampagne hier nur bedingt möglich sein. Insbesondere durch die Scharnierfunktion des DGB ist eine teilweise Verknüpfung mit der offiziellen Gedenkveranstaltung der Stadt Kiel am Mittag im Gewerkschaftshaus zu befürchten, auf der neben Schleswig-Holsteinischer Polit-Prominenz ausgerechnet auch der Admiral des Marinestützpunkts Kiel zu Wort kommen wird.

Zentraler Bezugspunkt des revolutionären Erinnerns linksradikaler Gruppen ist die abendliche 18 Uhr-Demonstration unter dem Motto „Revolution Next Level. Gegen Krieg, Rechtsruck und Prekarisierung – Kapitalismus abschaffen! Aufstehen für den Kommunismus!“, die ebenfalls vom Platz der Roten Matrosen am Hauptbahnhof starten wird. Zu dieser rufen elf linksradikale Gruppen und Initiativen aus Kiel und anderen Städten auf. In einer Mischung aus kämpferischer Demo und historischem Stadtspaziergang wird die Demo auf die Stunde genau auf der historischen Route der Matrosen und Arbeiter*innen von 1918 zum Ort der Schießerei zwischen Aufständischen und Kaisertreuen am 3. November 1918 an der heutigen Feldstraße ziehen. Die Abschlusskundgebung findet am Revolutionsdenkmal im Ratsdienergarten statt. Neben dem Aufruf des Revolutionären Bündnis hat das Rote Kollektiv Kiel einen eigenen Aufruf veröffentlicht. Hamburger Gruppen mobilisieren darüber hinaus zu einer gemeinsamen Bahn-Anreise nach Kiel (16.15 Uhr Reisezentrum HBF). Im Anschluss laden Demobündnis und Kneipenkollektiv Subrosa zum revolutionären Nachglühen, Aufwärmen und Essen nach Gaarden.

Beschlossen wird das Gedenkwochenende am Sonntag mit dem alljährlichen Gang zum Ehrenmal der gefallenen Revolutionäre des Matrosen- und Arbeiter*innenaufstands auf dem Eichhoffriedhof. Treffpunkt für die Kranzniederlegung ist in diesem Jahr um 9.30 Uhr am Eingang Eichhofstraße.

Dies ist nur ein Ausschnitt derjenigen Termine, die aus linksradikaler Perspektive die größte Relevanz haben sollten. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass an diesem Wochenende darüber hinaus eine Vielzahl weiterer interessanter Veranstaltungen mit Bezug auf 1918 in Kiel stattfinden werden.

„Eure Ordnung ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon rasselnd wieder in die Höh’ richten und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: Ich war, ich bin, ich werde sein!“ versprach Rosa Luxemburg wenige Tage vor ihrer Ermordung. In würdiger Erinnerung ihrer und aller Revolutionäre von damals wollen wir keine weiteren 100 Jahre mehr darauf warten. Alle Genoss*innen sind daher herzlich dazu eingeladen, am kommenden Wochenende in die Revolutionsstadt Kiel zu kommen, um gerade in reaktionären Zeiten wachzuhalten, dass die Verhältnisse, die uns umgeben und unterdrücken, menschengemacht und damit veränderbar sind. Diesen Geist wollen wir in Respekt der weltweiten opferreichen revolutionären Kämpfe von damals und heute auf die Straße tragen.

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